Die Zeit mit unserem brasilianischen Familienmitglied Julia

Ein Bericht von Familie Wendel aus Schifferstadt.
Da ich selbst schon einmal für 7 Wochen bei Bekannten in Brasilien war, war ich immer wieder auf der Suche nach weiteren Kontaktmöglichkeiten dorthin. So „stolperte“ ich über Schwaben International. Ich informierte mich direkt über den Austausch, und es war schnell für mich und meine Familie klar: Da wollen wir mitmachen und das unterstützen. Alles wurde geplant und durchdacht.  Julias GastfamilieNach dem ersten informativen Brief unseres Gastkindes  suchten wir per mail und facebook Austauschmöglichkeiten, und erlebten ein kontaktfreudiges und offenes Mädchen samt Familie. Wir lernten uns so schon etwas kennen, und beschlossen unser Gastkind in Stuttgart abzuholen, und ihr die Anreise mit dem Zug zu ersparen. Neugierig kamen mein Mann und ich in der Jugendherberge an und suchten das aus Bildern bekannte Gesicht in der Menge. Irgendwie hat von Anfang an alles gepasst. Wir verstanden uns gleich super und nutzten die Heimfahrt zum weiteren kennenlernen. Unsere beiden Kids warteten ungeduldig zu Hause. Sie hatten Schule, und konnten nicht mit nach Stuttgart fahren. Der Willkommenstisch war gedeckt und wir freuten uns über unseren Familienzuwachs.

In der ersten Woche besuchten wir das „public viewing“ eines WM Spiels im Stadion in Kaiserslautern. Fast täglich standen auch Tischspiele verschiedenster Art auf dem Programm. Als erstes eins der vielen Geschenke von Julias Familie: „banco immobiliario“ (brasilianisches Monopoly) was unsere Portugiesisch-Kenntnisse in Schwung brachte. Trotz allen Bemühens waren die beiden ersten Wochen immer wieder von Heimweh durchzogen. Aber wir wurden damit nicht allein gelassen. Sowohl die begleitenden Lehrerinnen als auch Schwaben International unterstützten uns dabei, gute Lösungen zu finden. So wurden Gespräche mit der Familie in Brasilien und mit Klassenkameradinnen bei anderen Gastfamilien geführt. Das half sehr und die Lage entspannte sich etwas. Nach einem Überraschungstreffen mit Julias bester Freundin, war dann alles wieder ok. Julia hatte guten Spaß in der GastfamilieKontakt zu den Klassenkameraden meiner Kinder und ich konnte erleben, wie sie immer mehr dazugehörte. Wir ermöglichten Julia Besuche bei ihren Bekannten und ihrer Tante in Deutschland und so lernten auch wir wieder interessante Menschen kennen. Als Familie unternahmen wir viele Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten und Angeboten in der Umgebung. Julia erkundete irgendwann auf eigene Faust unsere Stadt und ich freute mich, dass sie immer aktiver und fröhlicher wurde. Wir kochten gemeinsam brasilianisches Essen und  es war, als wäre Julia schon immer da gewesen. Das am Anfang zaghafte und schüchterne „Mama“, wie Julia mich nannte, wurde immer überzeugter und inniger. Am Anfang war es für mich schon komisch, obwohl ich sie auch als meine brasilianische Tochter vorgestellt hatte. Die Zeit verging irgendwie viel zu schnell und mit Schrecken stellte Julia fest, dass sie nur noch ein paar Tage bei uns sein wird. Zwei Tage vor Abreise sagte sie unter Tränen: „Ich gehe nicht weg! Ich packe keinen Koffer! Ich will hier bleiben!“. Meine Kinder und sie hatten dazu die tollsten Ideen. Am Tag der Abreise band Julia sich am Geländer fest und im Hof beschlossen sie einen Sitzstreik zu machen. Jeder kämpfte mit den Tränen. Es war sehr ergreifend zu spüren, wie sehr Julia ein Teil unsere Familie geworden war. In der Jugendherberge in Stuttgart gönnten wir uns dann noch ein paar gemeinsame Stunden, bevor es endgültig Zeit für den Abschied wurde.

Wir haben immer noch sehr viele herzliche Kontakte mit Julia und ihrer Familie in Brasilien. Und im nächsten August werden wir sie in Porto Alegre besuchen.